Roadmap
zu einem wirksamen CO2-Preis
Hier wird beschrieben, was auf verschiedenen Handlungsebenen getan werden kann, um CO2 einen wirksamen Preis zu geben. Aus der Perspektive von Deutschland gibt es drei Ebenen: Die nationale Ebene, die EU-Ebene und die internationale Ebene. Der Handlungsspielraum wird auf jeder Ebene prinzipiell größer und die Instrumente einfacher. Trotzdem dürfen wir konkretes Handeln nicht einfach auf die nächsthöhere Ebene schieben. Jeder muss seinen Handlungsspielraum nutzen und auch nach Möglichkeit Vorreiterpositionen einnehmen.
Internationale Ebene
Eine globale CO2-Abgabe oder ein globaler Emissionshandel ist in den nächsten Jahren nicht realistisch. Was aber bereits diskutiert wird und Unterstützung verdient, ist eine Absprache z.B. innerhalb G20/19/x oder einer anderen Koalition der Willigen über eine wirksame CO2-Bepreisung, die dann auf nationaler Ebene mit einem Emissionshandel oder eine CO2-Abgabe umgesetzt wird.
Es kann aber auch sein, dass es auf internationaler Ebene nicht (bald) gelingt, ein koordiniertes CO2-Preissystem zu installieren. Was uns aber im Pariser Nachbesserungsprozess auf jeden Fall gelingen muss, dass die wichtigsten Emittenten sich zu Reduktionen verpflichten, die in Summe Paris-kompatibel sind. Wie diese Länder dann auf nationaler Ebene ihre Ziele umsetzen, ist jedem Land grundsätzlich selbst überlassen. Länder, die dabei auf einen wirksamen CO2-Preis setzen, werden einen Wettbewerbsvorteil haben.
So kann sich eine wirksame CO2-Bepreisung von "unten", "oben" oder von beiden Seiten immer weiterverbreiten.
EU-Ebene
EU-weiter Emissionshandel (ETS) für alle CO2-Emissionen
(der heutige EU-Emissionshandel umfasst nur ca. 50% der CO2-Emissionen):
- Jeder der fossile Brennstoffe in den Verkehr bringt, muss entsprechende Zertifikate nachweisen (Upstream-Ansatz).
- Zertifikatsmenge wird jährlich so abgesenkt, dass wir uns auf einem Paris-kompatiblen Emissionspfad befinden bzw. ein Paris-kompatibles CO2-Budget für die EU einhalten.
- Einnahmen aus der Versteigerung der Zertifikate, sollten zumindest mittelfristig pro Kopf an uns Bürger zurückgegeben werden (Klimadividende). Das schafft breite Akzeptanz für eine ambitionierte Klimapolitik.
- Möglichkeiten und Grenzen eines Grenzausgleichsystems (border adjustment), um Exporte zu entlasten und Importe zu belasten: hier.
Nationale Ebene - Deutschland
Prof. Ottmar Edenhofer (PIK):
Statement zum am 20.09.2019 beschlossenen Klimapaket:
„Das Klimapaket ist ein Dokument der politischen Mutlosigkeit. (...)
Damit hat die Große Koalition im zentralen Punkt nicht geliefert."
Statement zum am 16.12.2019 im Vermittlungsausschuss nachgebesserten Klimapaket:
"Es ist ein mutiger Schritt, dass Bund und Länder den CO2-Preis anheben (...)."
Das hat die Bundesregierung zum Thema CO2-Bepreisung beschlossen:
- Ab 2021 wird für die Bereiche Mobilität und Wärme ein Festpreis von 25 € je Tonne CO2 eingeführt, der bis 2025 auf 55 € ansteigen soll. Es gibt erst einmal keine Mengenbegrenzung (kein cap).
- Ab 2026 sollen in diesem nationalen Emissionshandel die Zertifikate versteigert werden (erst ab dann gibt es eine Mengenobergrenze); allerdings in 2026 noch mit einer Preisobergrenze von 65 €. Erst ab 2027 soll sich der notwendige CO2-Preis, um unsere Ziele einzuhalten, auf dem Markt bilden.
Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung ist gegenüber dem was noch ein Jahr zuvor politisch möglich erschien, ein Fortschritt. Die Nachbesserungen im Vermittlungsausschuss sind ebenfalls sehr erfreulich. Der Maßstab bleibt jedoch, dass wir unsere Reduktionsziele sicher einhalten, die im Rahmen des Pariser Nachbesserungsprozesses noch signifikant erhöht werden müssen, um Paris-kompatibel zu sein. Daher brauchen wir weitere Nachschärfungen bei der CO2-Bepreisung und bei der Einnahmeverwendung aus der CO2-Bepreisung.
Wichtig ist jetzt, dass wir
- so schnell wie möglich die Höhe des CO2-Preises mit dem Mengenziel verknüpfen. Nur so kann der CO2-Preis zu dem Leitinstrument werden, das wir dringend brauchen.
- mit einer mittelfristigen Pro-Kopf-Ausschüttung der Einnahmen (ein möglicher Begriff dafür: Klimadividende) wirksame CO2-Preise auch politisch zu einem Erfolgsmodell machen.
Was jetzt zu tun ist:
► Nationalen CO2-Preis bei Wärme und Verkehr zügig anpassen, wenn eine Verfehlung unserer Reduktionsziele droht.
► So schnell wie möglich Versteigerung der Zertifikate im nationalen Emissionshandel (nEHS, BEHG); nicht erst 2026, wie derzeit geplant. Damit halten wir auch unsere Klimaziele früher sicher ein und bieten damit auch die so wichtige Planungssicherheit für öffentliche und private Investitionen in eine fossilfreie Zukunft.
► So schnell wie möglich: EU-Emissionshandel für alle CO2-Emissionen einführen, der mit einem Paris-kompatiblen Emissionspfad unterlegt ist.
► Alle Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung zumindest mittelfristig als Pro-Kopf-Pauschale (Klimadividende) wieder an uns Bürger ausschütten, damit wirksame CO2-Preise auch politisch ein Erfolgsmodell werden.
► Paris-kompatibles CO2-Budget für die EU beschließen.
Hier finden Sie ein ausführliches Diskussionspapier zum Thema "CO2-Preis"
Hier ein Paper zu Paris-kompatiblen EU-Zielen bzw. CO2-Budgets.
Konzept "CO2-Preis mit Klimadividende" ist kommunizierbar
- jeder Verantwortung für seinen CO2-Fußabdruck übernimmt
- unser tägliches Dilemma zwischen "Wollen" und "Tun" aufgelöst wird. Wir vereinfachen damit unser Leben, da klimafreundlichere Alternativen günstiger werden als weniger klimafreundliche. Winfried Kretschmann hat dies auf den Punkt gebracht: "CO2-Preis statt Moralkeule".
- Innovationen die richtige Richtung gegeben wird. Viele Innovationen werden sich erst mit einer wirksamen CO2-Bepreisung auf dem Markt durchsetzen können. Das große Hindernis für viele Innovationen sind fossile Brennstoffe, die zu günstig sind, weil sie ihre Klimafolgekosten nicht tragen müssen. Ernst Ulrich von Weizsäcker hat hierfür den Begriff geprägt "Preise müssen die ökologische Wahrheit sagen".
- endlich Reboundeffekte vermieden werden
- wir kosteneffizienten Klimaschutz betreiben
- wir effektiven Klimaschutz betreiben. Mit dem CO2-Preis haben wir einen konkreten Hebel, um Reduktionsziele mit großer Sicherheit einzuhalten.
- wir die so wichtige Planungssicherheit für öffentliche und private Investitionen in eine fossilfreie Zukunft schaffen; damit kommen die Alternativen auf den Markt und nicht in die Schublade
- wir unnötige Gängelung vermeiden: Freiheit und Verantwortung sind zwei Seiten einer Medaille
- wir unnötige Bürokratie vermeiden, die mit Förderprogrammen und Verboten immer verbunden ist
Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft muss verdeutlichen, dass damit
Die Klimadividende schafft Akzeptanz und Gerechtigkeit; Abzockekampagnen werden von vornherein der Boden entzogen.
Unabhängig vom konkreten Instrumentenmix muss die Politik für eine überschaubare Zahl an sozialen Härtefällen einen zusätzlichen Schutzschirm aufspannen. Dies gelingt nicht durch z.B. eine einheitliche Anhebung der Entfernungspauschale oder Prämien für den Austausch einer Ölheizung für alle. Soziale Härtefälle brauchen zielgenaue Unterstützung. Die Politik muss auch dringend kommunizieren, dass Bürger mit stärkeren Schultern Dekarbonisierungslasten auch selbst tragen müssen. Die Politik darf keine Erwartungen wecken, die nur enttäuscht werden können. Jetzt ist die Zeit für Wahrhaftigkeit.
Zentrale Aussagen zur CO2-Bepreisung:
- wirksamer CO2-Preis bedeutet technologieoffener und kosteneffizienter Klimaschutz ohne unnötige Gängelung und überbordende Bürokratie
- mit einem wirksamen CO2-Preis übernimmt jeder Verantwortung für seinen CO2-Fußabdruck
- wirksame CO2-Preise lassen sich u.a. mit einer entsprechenden Verwendung der Einnahmen sozial gestalten; am besten Einnahmen als Pro-Kopf-Pauschale (Klimadividende) wieder ausschütten
- mit einem wirksamen CO2-Preis halten wir unsere Reduktionsziele sicher ein und können uns somit auf die Gestaltung der Zukunft konzentrieren
Webanwendung "CO2-Preis- und Klimadividende-Rechner"
Die Bürgerlobby Klimaschutz stellt eine Webanwendung zur Verfügung, mit der man seinen persönlichen CO2-Fußabdruck und seine persönliche Bilanz bei einem CO2-Preis mit Klimadividende abschätzen kann:
Der Rechner ist natürlich für alle interessant, die wissen wollen, was eine CO2-Bepreisung mit Klimadividende konkret bedeutet.